Methoden und Argumente
|
Bestäubung und Befruchtung
|
|
|
Pollenflug beim Mais - Kommentar zur
Greenpeace-Studie
|
|
|
|
|
|
|
|
Eine Maispflanze kann erst Körner ausbilden, wenn sie
bestäubt und ihre Samenanlagen befruchtet wurden. Unter
Bestäubung versteht man die Übertragung von Pollen
von den männlichen Blütenteilen (Staubblätter)
auf die weiblichen (Narben, Seide). Wenn der Pollen auf die
Seide der selben Pflanze gelangt, spricht man von
Selbstbestäubung. Wird der Pollen jedoch auf die Seide
einer anderen Maispflanze übertragen, sprechen wir von
Fremdbestäubung. Sie bewirkt, dass sich Merkmale von zwei
Pflanzen kombinieren und führt innerhalb einer Varietät
zu einer grossen Vielfalt und einer breiten genetischen Basis.
Wo Maispflanzen gruppenweise zusammenstehen, wird eine gegenseitige
Bestäubung begünstigt. Die typischen Merkmale einer
Varietät bleiben erhalten.
Kommt aber fremder Pollen auf die Seide einer bestimmten
Varietät, verändern sich oder verschwinden auch
ihre typischen Merkmale. Betrifft das Merkmal beispielsweise
den Mehlgehalt oder die Farbe der Körner (Divinitäten
sind keine Fremdbefruchtungen), finden wir bei der Ernte Kolben
mit einigen Varietäts-untypischen Körnern. Betrifft das
Merkmal jedoch die Grösse, Frühreife oder den Habitus
der Pflanze, wird die Abweichung erst bei der Kultur in der
folgenden Generation sichtbar.
|
|
"Sib-mating" oder unkontrollierte Bestäubung
innerhalb einer Varietät
|
|
|
Die unkontrollierte Bestäubung innerhalb einer
Varietät (französisch: croisement consanguin)
bekam den englischen Namen "sib-mating" (sister x brother).
Arbeiten wir mit wenigen Pflanzen, kann fortgesetztes "Sib-mating"
nach vielen Generationen zur Bildung einer Inzuchtlinie führen.
Diese wird zwar immer homozygoter (homo = gleich, zygote =
befruchtete Keimzelle), reinerbiger, verliert dabei jedoch von
Generation zu Generation an Erbgut (genetische Verarmung).
Ist eine
Population gross genug,
führt "Sib-mating"
zu einer hochwertigen Varietät mit ihren typischen Merkmalen,
aber auch vielen kleinen Unterschieden, welche auf die breite genetische
Basis hinweisen. Dieses Verfahren war in Amerika bis 1930, in Europa bis
1950 allgemein üblich und führte zu einer Vielzahl von
Varietäten. Ein Maissaatgut-Handel existierte nicht, jede
Bauernfamilie hatte ihre Varietäten.
|
|
Pollenflug - der Wind und seine Helfer
|
|
|
Windbestäuber besitzen im allgemeinen kleine und unscheinbare
Blüten mit winzigen, schuppenartigen Blütenblättern,
aber grossen fedrigen Narben zum Auffangen des Pollens. Gräser,
Bäume mit "Kätzchen" und andere sind windblütig und
produzieren grosse Mengen Blütenstaub. An trockenen windigen Tagen
kann der Pollenflug am Rande eines Roggenfeldes beobachtet werden.
Den ganzen Tag über lösen sich hellgelbe Wolken aus
Blütenstaub. Manche Menschen reagieren darauf allergisch,
doch der Gärtner wünscht sich reichliche Pollenbildung.
Bei unseren Mikrokulturen ist Pollen bei einigen Varietäten
sogar "Mangelware ", die Pflanzen schaffen es nicht immer, die Kolben
ganz mit Körnern aufzufüllen.
Nach der Bestäubung kann die Befruchtung erfolgen.
Wenn Pollenkörner auf einer reifen Seide landen, bilden
sie rasch Pollenschläuche aus, welche durch die Seide zu
den Samenanlagen wachsen, wo eines dann die weibliche Eizelle befruchtet.
Daraus entsteht ein Maiskorn, das aus einem Keimling, einem Nährstoffspeicher
und einer Schutzhülle, dem Pericarpus besteht.
Der Pollenflug wird nicht immer durch den Wind ausgelöst.
In windstillen, taureichen Nächten sammeln sich an den männlichen
Blütenständen die Pollenkörner an. Pollensammelnde
Honigbienen bewirken mit ihren Fügelschlägen, dass viel
mehr Pollen gelöst wird, als sie einzusammeln vermag. Er
fällt in der morgendlichen Windstille unweit der Pflanze zu
Boden. Die in der Nacht erschienene Seide empfängt dabei ihre
ersten Pollenkörner. Jedes Pollensäckchen (männliche
Blüten) enthält etwa sechs Staubblätter mit je um 2000
Pollenkörner, also rund 12'000 Pollenkörner pro Einzelblüte.
Ein Blütenstand mit 15 Ästchen, jedes mit etwa 20 Pollensäckchen
kann somit ungefähr 4 Millionen Pollenkörner ausstreuen (nach Jean Rubin,
Agronom-France). Andere Quellen nennen bis zu 18 Millionen Pollenkörner
pro Pflanze. Je früher ein Pollenkorn auf eine Seide gelangt, desto
grösser ist seine Chance eine Keimzelle zu befruchten.
Beim ersten leichten Wind am Vomittag löst sich die grosse
Masse des reifen Pollens, um ebenfalls unweit der Pflanze nieder zu gehen.
Wird der Wind gegen Mittag stärker, so dass der Pollen ohne weiteres
über grössere Distanzen verfrachten werden könnte, ist der Vorrat
in den Staubblättern erschöpft und es fliegt nur noch wenig Pollen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bestäubung von Pollen aus unmittelbarer
Nachbarschaft oder der eigenen Pflanze stattfindet, ist sehr viel grösser,
als bei Pollen, welcher von weit her geflogen kommmt. Durch Kulturmassnahmen
(siehe unten), können unerwünschte Fremdbestäubungen (Bestäubung
zwischen den Varietäten) reduziert werden.
Empfehlungen zur erforderlichen
räumlichen Distanz zweier Maisvarietäten, gehen weit auseinander:
- 3 km: Terre de Semences (F), Saatgutkatalog
- 2 km: Pro Specie Rara (CH), Sortenfinder
- 500 m: INRA (F), mündliche Empfehlung
- 200 km: WWF (CH), aus "Gensmog" v. Benno Vogel
- Greenpeace (D), siehe
Studie "Genmais ausser Kontrolle", 10.1998
- Bis zum Nachbarfeld: Jean Rubin, Agronom (F), "Le Maïs de Bresse"
Alle Angaben können zutreffen,
der Pollenflug ist überall, wo Mais offen abblüht vorhanden. Er
lässt sich zwar in der Hauptwindrichtung vermuten, mit abnehmender
Dichte und in zunehmender Distanz. Im Einzelnen fliegt das Pollenkorn aber
auch dahin, wo es der Gärtner oder Landwirt am wenigsten möchte,
auf die Seide einer Maispflanze einer anderen Varietät. Dies bewirkt
allenfalls ein mehliges Korn in einem saftigen Zuckermaiskolben oder umgekehrt.
Falls das fremdbefruchtete Korn nicht ausselektiert wird, kann sich sogar hybrider
"Geilwuchs" einstellen (siehe auch unter
Selektion:
Hybridisierung zweier Varietäten).
|
|
Methoden bei der Bestäbung
|
|
|
Auf solch glückliche Zufälle wartet der moderne Maiszüchter
nicht mehr, er kontrolliert die Bestäubung, indem er die Seide und/oder
die männlichen Blütenstände mit Papiertüten abdeckt
(Herstellung von Hybriden). Anstatt die unerwünschte Fremdbestäubung
mit dem aufwändigen Papiersack-Verfahren total zu verhindern,
schränken wir sie nur ein. Zusätzlich selektionieren wir das Saatgut
aus, wobei die augenfälligsten Merkamle eines Maiskorns berücksichtigt
werden, andere treten erst in der folgenden Kultur in Erscheinung.
|
|
Massnahmen zur Förderung der gezielten Bestäubung
|
|
|
Obwohl bei uns die Varietäten offen abblühen, überlassen wir
die Bestäubung doch nicht ganz dem Zufall, sondern versuchen, den Pollenflug
durch verschiedene Massnahmen zu kanalisieren:
- Die Varietäten werden möglichst weit voneinander
entfernt angebaut. Hecken und Gebäude bilden natürliche
Pollenfänger und bremsen die Winde ab.
- Durch eine günstige Anordnung der Pflanzen einer Varietät
optimieren wir die Bestäubung (siehe Kuturbeschreibung).
- Frühe und späte Varietäten dürfen nebeneinander
stehen, da ihre unterschiedliche Blütezeit unerwünschte
Fremdbestäubungen verhindert.
- Die zeitlich gestaffelte Aussaat ist uns, als weitere Massnahme,
nur begrenzt möglich, da die Vegetationsperiode im Sommerhalbjahr
für viele Varietäten gerade knapp ausreichend ist.
- Durch sanftes Antippen der Stängel vor dem ersten Morgenwind
lassen wir den Pollen auf die Seide fallen, es kann auch mit Blasen
nachgeholfen werden.
Anmerkung:
Blüht gentechnisch veränderter Mais offen ab, fliegt sein
Pollen im schlimmsten Falle auch auf biologisch angebaute Kulturen. -
Schon wird um einen Grenzwert gestritten, bei dem der Gehalt an gentechnisch
verändertem Saatgut in Prozenten ausgedrückt wird. Er darf nicht
überschritten werden, um das Saatgut als biologisch deklarieren zu dürfen
(die Rede ist von 0.1 - 0.5 %; - ... en Guete!). Der Pollenflug transgener Pflanzen wird
verharmlosend auch als "Gen-Smog" bezeichnet. Vermischungen können jedoch auch
unbeabsichtigt bei der Lagerung und dem Transport, oder vorsätzlich geschehen.
|
|
Vererbung und Dominanz (Divinitäten)
|
|
|
M. Jean Rubin, Agronom (F), veröffentlichte 1997 in "Le Maïs de Bresse"
eine detaillierte Beschreibung des Bestäubungs-und Befruchtungsvorgangs bei Mais.
Er vertritt darin die Ansicht, dass die Farbe des Pericarpus von dem genetischen
Plan der Mutterpflanzen bestimmt wird und somit von Fremdbefruchtungen unabhängig ist.
Bestätigen können wir diese Theorie nur bei den Divinitäten:
Die Körner sind auch bei Fremdbefruchtungen immer rot. Das Merkmal "rotes Pericarpus"
ist hier dominant, das Genom der Vaterpflanze ist jedoch dennoch vorhanden und wird
sich in der folgenden Generation zeigen (mehr dazu in Artikel
"Divinitäten" unter Thema
"Systematik").
|
|